Zykloide

Zykloide sind Bahnen, die ein Punkt auf dem Umfang eines Kreises mit Radius \(r_A\) beschreibt, wenn der Kreis entlang einer Strecke abrollt. Das Rad eines Fahrrades z.B. legt nach einer Umdrehung die Strecke seines Umfangs zurück, während das Ventil dieses Rades in etwa die Strecke des Zykloids zurücklegt. Liegt der Punkt exakt auf dem Umfang des Kreises (\(r_E=r_A\)), entsteht ein normaler Zykloid,

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Animation 1: normaler Zykloid

liegt er innerhalb des Kreises (\(r_E\lt r_A\)), ein verkürzter

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Animation 2: verkürzter Zykloid

und außerhalb (\(r_E\gt r_A\)), ein verlängerter Zykloid.

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Animation 3: verlängerter Zykloid

Die Indices A und E stehen für Abroll- und Erstellerkreis und können sowohl für Radien, Umfang und Umlaufgeschwindigkeiten verwendet werden. Für all diese Werte gilt $$i=\frac{x_A}{x_E}\,(1)$$ wobei i das Verhältnis von Abroll- zu Erstellerkreis ist. Mit $$x_E+x_A=1\,(2)$$ lassen sich die Berechnungen für Zykloide normalisieren und allgemein über eine Metrik und einem Verhältnis parametrisieren. Für die normale Metrik muss man dazu die beiden letzten Formeln nach \(x_E\) auflösen und gleichsetzen. $$x_E=\frac{x_A}{i}=1-x_A$$ und so kommt man auf $$i=\frac{x_A}{1-x_A}=\frac{1}{\frac{1}{x_A}-1}$$ wobei \(x_A\) nun ein Faktor zwischen 0 und 1 ist, um welchen sich der Abrollkreis vom Erstellerkreis unterscheidet. Ist er 0, ist \(x_E=1\), ist er 0,5 ist auch \(x_E=0,5\) und ist er 1 ist \(x_E=0\) und entsprechend ergibt sich daraus ein Verhältnis zwischen 0 und \(\infty\). Bei normaler Metrik ergibt ein Verhältnis von \( i=0 \) eine Linie, eines von \( i<1 \) einen verkürtzten, eines von \( i>1 \) einen verlängerten und eines von \( i=1 \) einen normalen Zykloiden.

Parametrisiert sind Zykloide allgemein per $$x(\Theta)=r_A\cdot\Theta-r_E\cdot sin(\Theta)$$ und $$y(\Theta)=r_A-r_E\cdot cos(\Theta)$$ für die Koordinaten unter bestimmten Winkeln \(\Theta\) und $$A=({r_A}^2+2\cdot{r_E}^2)\cdot\pi$$ für die Fläche unter dem Zykloiden. Bei normaler Metrik ist \(r_A\) auf 1 und \(r_E\) auf i normalisiert und daraus folgt $$x(\Theta)=\Theta-i\cdot sin(\Theta)$$ und $$y(\Theta)=1-i\cdot cos(\Theta)$$ für die Koordinaten und $$3\cdot i^2\cdot\pi$$ für die Fläche.

Aber wo eine normale Metrik ist, ist ganz sicher noch mindestens eine Weitere und das wäre in diesem Fall die inverse Mertik, wie sie z.B. bei Fräsmaschinen auftaucht. Bei einem Vorschub von 0 fräst man dort Kreise und je höher der Vorschub wird, desto mehr bewegt sich eine Schneide auf einer zykloiden Bahn, nur sind hier Form und Verhältnisse umgekehrt, das heisst, kurze Zykloidbögen haben die Form eines verlängerten und lange die Form eines verkürtzen Zykloids. Bei der inversen Metrik müssen die Verhältnis- und die Normalisierungsformel (1 & 2) nach \(x_A\) aufgelöst und gleichgesetzt werden $$x_A=i\cdot x_E=1-x_E$$ und erneut nach i aufgelöst werden $$i=\frac{1}{x_E}-1$$ Daraus ergeben sich die Formeln $$x(\Theta)=i\cdot\Theta-sin(\Theta)$$ und $$y(\Theta)=i-cos(\Theta)$$ für die Koordinaten und $$A=(1+2\cdot i^2)\cdot\pi$$ für die Fläche.

Die Strecke und Form der Zyloide ergibt sich in beiden Metriken aus der Summe an Punkten aus der Koordinatendefinition, wobei sich die Länge der Strecke nur für \(i=1\), \(i=0\) und \(i=\infty\) analytisch herleiten lässt und aus dieser Herleitung ergeben sich \[ l_{i_1}=8r_A \] also 8 mal der Radius des Abrollkreises \[ l_{i_0}=2\pi r_A \] also der Umfang des Abrollkreises und \[ l_{i_\infty}=\infty \] Für alle anderen Verhältnisse \(i\) stehen nur numerische Lösungen zur Verfügung.

Bei der numerischen Lösung werden die 360° einer vollen Umdrehung gleichmäßig in kleine Winkel aufgeteilt und diese dann in die Formeln für die Koordinaten eingefügt, während die verwendeten Radien bzw. Verhältnisse konstant bleiben. Die Distanzen zwischen jeweils zwei auf die Art berechneter Punkte ergeben in Summe dann die Gesamtlänge des Zykloids. Bei solchen Berechnungen sollte einem nun auffallen, dass die einzelnen Distanzen zwischen den berechneten Punkten stets unterschiedlich, jedoch mit Ausnahme von \(i=0\) immer größer als die Strecke ist, die der Winkeldifferenz auf dem Umfang des Abrollkreises entspricht. Verwendet man nun nicht nur Winkel, sondern Winkelgeschwindigkeiten, dann folgt daraus, dass eine Geschwindigkeit (z.B. die auf Abroll- und Erstellerkreis) gleichförmig und die andere Geschwindigkeit (z.B. die auf der Zykloidstrecke) ungleichförmig ist. Die berechneten Punkte lassen sich auch als Kreis abtragen. Ordnet man nun den Abroll- und den "Zykloidkreis" so an, dass sich deren Umfänge an einer Stelle schneiden, kann man die gleichförmige Geschwindigkeit des einen Kreises mit einer geraden Linie auf den jeweils anderen Kreis projezieren und mit einer gleichförmigen Geschwindigkeit dort vergleichen. In den folgenden beiden Animationen sind die schwarzen Kreise die mit den gleichförmigen Geschwindigkeiten, dargestellt durch orangene Punkte und die grauen Kreise die mit den projezierten ungleichförmigen Geschwindigkeiten, dargestellt durch gelbe Punkte. Die grünen Punkte auf den grauen Kreisen sind somit die gleichförmigen Geschwindigkeiten dort zum Vergleich.

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Animation 4: Gleichförmige Bewegung auf Abroll- und Erstellerkreis

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Animation 5: Gleichförmige Bewegung auf Zykloidstrecke

Bei verbundenen Bewegungen (Animation 4) wie z.B. bei einem Fräßkopf ist die Bewegung der Schneiden vom Mittelpunkt aus betrachtet gleichförmig, die Geschwindigkeit Schneide Werkstück (Schnittgeschwindigkeit) hingegen ungleichförmig. Unverbundene Bewegungen (Animation 5) tauchen annähernd bei Himmelskörpern auf, wie z.B. bei Mond und Erde. Das bedeutet, dass selbst wenn der Mond aus Sicht der Erde eine perfekte Kreisbahn fliegen würde, würde seine Geschwindigkeit auf dieser ungleichförmig erscheinen, denn die Geschwindigkeit des Mondes gegenüber des Weltalls ist nahezu gleichförmig.

Man erkennt deutlich, dass die gleichförmigen Bewegung auf den äußeren Kreisen in den Quadranten Q1 und Q4 schneller und in den Quadranten Q2 und Q3 langsamer sind als die gleichförmigen Bewegungen auf den inneren Kreisen und das hat zur Folge, dass sich diese Bewegungen an exakt 2 gegenüberliegenden Punkten (bei 0° und bei 180°) überholen. Das bedeutet, dass man im Folgenden nur noch die Quadranten Q1 und Q2 oder die Quadranten Q3 und Q4 zusammen betrachten muss. Die äußeren Kreise teilen sich in den Quadranten Q1 und Q4 in Kurz- und in den Quadranten Q2 und Q3 in Langbögen auf. Da zumindest die Zeiten zwischen 0° und 180° gleich sind, ist die Geschwindigkeit auf dem inneren Kreis in jedem Fall geringer als auf dem Äußeren.